Gunilla Hirschberger ist 55 Jahre alt, verheiratet und hat drei erwachsene Kinder. Die einstige Mitbegründerin von SAUSALITOS, HANS IM GLÜCK & Co. und berät verschiedene Systemgastronomien, hat den LEADERS CLUB DEUTSCHLAND mitgegründet und ist Vorstandsvorsitzende des Frauennetzwerk FOODSERVICE.
(1) Erzähle etwas über Dich! Wo, wie und mit wem lebst Du?
Ich lebe mit meinem Mann und mit meinem Hund „Snuffen“ im Münchener Regenbogenviertel. Kurz vor der Corona-Quarantäne ist nun auch unsere jüngste Tochter ausgezogen. Und wir haben gerade unseren 32. Hochzeitstag gefeiert!
Was war
(2) Wie war Dein Leben, Dein Alltag VOR Corona?
Mein Leben war recht hektisch, denn ich habe parallel sehr viele Projekt betreut. Ich hatte arbeitsmäßig immer „viel auf dem Teller“ und mein Tag war stets sehr durchgetaktet. Und ich hatte sehr viel Kontakt mit Menschen…
Was ist
(3) Was hat sich seit der Quarantäne / Ausgangsbeschränkung für Dich verändert? Welche Einschränkungen erlebst Du / erlebt ihr?
Wir hatten Anfang des Jahres unsere Hans im Glück-Burgerkette final verkauft und so hatte sich unser Alltag schon damals bereits stark verändert. In den ersten zwei Wochen der Quarantäne ging es dann vor allem darum, alles in den Restaurants abzubauen und abzuschließen, sprich, Ware zu verschenken, zu verkaufen, sie zu verräumen und die Restaurants auf null zu setzen. Danach haben wir es einige Zeit sehr genossen, später aufzustehen, in Ruhe zu frühstücken, spazieren zu gehen, zu kochen – einfach das Leben zu genießen. Allerdings war dieser Zustand auch recht unstrukturiert, was mir nach einer Weile doch zu schaffen machte. Zunehmend fühle ich mich jetzt eingeengt und bevormundet. Darf ich nicht mehr selber entscheiden? Das macht mich schon traurig. Auch all‘ die Videocalls sind einfach nicht das echte Leben!
(4) Wie sieht ein GUTER Tag in dieser (Corona) Zeit aus?
So wie schon beschrieben: lange schlafen, gemütlich frühstücken, spazieren gehen, viel kochen, das Leben genießen – noch besser wäre eben, auch Freunde treffen und umarmen zu dürfen.
(5) Wie sieht ein schlechter Tag in dieser (Corona) Zeit aus?
Ein schlechter Tag hat gar keine Struktur, man lebt so in den Tag hinein, was mir als ausgesprochenes Energiebündel keinen Spaß macht. Ich habe so das Gefühl, nichts zu schaffen, obwohl man so viel Zeit hat. Da hat man schon das dritte Buch gelesen und gekocht und es ist erst 14 Uhr? Außerdem bedrückt mich allgemein die existenzbedrohende Situation vieler Kollegen und Gastronomiefreunde an solchen Tagen noch mehr, als sowieso schon.
(6) Was fordert Dich aktuell am meisten? Was ist Deine größte Herausforderung?
Ich fühle mich nicht so sehr herausgefordert – es ist eben ein ANDERER Alltag. Damit muss man halt irgendwie umgehen und von Tag zu Tag weiterschauen.
(7) Wovon möchtest Du weniger / mehr?
Ich wünsche mir mehr Struktur und vor allem, Menschen zu treffen und dafür weniger zu telefonieren! Weißt Du, ich bin ein sehr geselliger Mensch, ich lebe von direkten Kontakten; ich mag es, Freunde direkt zu sehen und in den Arm zu nehmen. Behalten möchte ich gerne die schönen Frühstücksmomente mit meinem Mann!
(8) Was macht Dich traurig? Was ist schwer für Dich? Was macht Dir Angst?
Sehr traurig machen mich besonders aktuelle Telefonate mit Gastronomie-Kollegen, deren Restaurants wahrscheinlich nicht überleben werden. So tolle Menschen, die so viel Geld investiert haben! Angst gemacht hat mir, dass ich nicht heim nach Schweden konnte. Meiner Mama geht’s nicht so gut und ich kann ihr von hier aus kaum helfen – ich könnte nicht bei ihr sein, wenn etwas passiert.
(9) Was macht Dich glücklich? Worauf bist Du stolz? Wofür bist Du dankbar?
Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich drei tolle und gesunde Kinder habe! Ich bin glücklich, auch, da wir, wie gesagt, gerade unseren 32. Hochzeitstag gefeiert haben. Auch auf alles, was wir gemeinsam geschaffen haben – privat wie beruflich – bin ich sehr, sehr stolz. Außerdem haben wir im Frauennetzwerk-FOODSERVICE einen sehr guten Austausch; ein so tolles Netzwerk mit wunderbaren Frauen, tiefgründigen Gesprächen, gegenseitiger Hilfe und Erbauung. Dafür bin ich ebenfalls sehr dankbar.
Was kommt
(10) Was verändert sich dauerhaft für DICH / für UNS?
Ich fürchte um die Zukunft und Fortführung so einiger Gastronomien. Für mich wird sich auch deshalb meine berufliche Laufbahn ändern. Aber was genau kommen wird, weiß ich noch nicht. Wenn die Beschränkungen nun ein wenig gelockert werden, müssen wir erstmal ganz neu schauen, wie Gäste und Service aufeinander reagieren. Schließlich ist 2/3 des Servicemitarbeiter-Gesichts nun vermummt, die Mimik ist nur schwer oder gar nicht erkennbar – dabei sagt gerade in der Gastronomie ein Lächeln manchmal mehr als tausend Worte. Wir verkaufen doch auch Emotionen! Ich glaube, die Gastronomie wird sich neu erfinden müssen.
(11) Was wünschst Du Dir für die Zeit „DANACH“? Worauf freust Du Dich?
Ich wünsche mir, dass es Gastronomie-Freunde schaffen und ich ihnen helfen könnte. Außerdem möchte ich alle Freundinnen wieder in den Arm nehmen! Es wär‘ so schön, wenn allgemein wieder mehr Freude und Fröhliches einkehrt. Vielleicht können wir uns alle mehr über das freuen, was bereits da ist, unsere Werte stärker leben und uns gegenseitig mehr wertschätzen.
(12) Gibt es schon konkrete Pläne, Termine, Berufliches für „danach“?
Jetzt schauen wir erstmal, wie die Wiedereröffnung klappt und wie die Gäste reagieren. Dann fliege ich nach Singapur, sobald es wieder möglich ist, um dort nach den Restaurants zu schauen und gegebenenfalls Adaptionen vorzunehmen. Dann steht der Re-Start des Frauennetzwerk-FOODSERVICE und der Netzwerktreffen an und die Vorbereitung des Forums in 2021. Der Rest ergibt sich bald – hoffentlich.
Deine Botschaft
(13) Was möchtest Du noch mitteilen? Was möchtest Du anderen mitgeben? Hast du einen TIPP?
Ich finde es immer schwierig, Tipps zu geben. Man sollte mehr auf seinen Bauch hören und sich nicht verbiegen lassen. Veränderung und positive Herausforderungen sind wichtig im Leben – aber auch da sollte man eher aufs Bauchgefühl und nicht so sehr auf den Kopf hören.
Danke Dir für dieses Interview!
(Darmstadt, im Mai 2020)