Das schönste Gefühl für die echte Frau ist, für andere Menschen sorgen zu dürfen
Beeindruckt haben mich am Wochenende die Gegensätze aus zwei Büchern: „Zu groß für die Babyklappe“ von Marlene Hellene (klare LESEEMPFEHLUNG!), erschienen 2020 und „Ich koche für dich“, circa aus dem Jahr 1930.
Während mir beim Vorlesen einer Seite von Hellene doch glatt die Tränen kommen vor lauter innerlichem „So true“-Denken, erinnert mich das Buch von Ruth von Schüching beim Schmökern, dass das komplette Gegenteil in der Gesellschaft gefühlt erst gestern war.
Ein bemerkenswerter Auszug
Ein bemerkenswerter Auszug aus „Ich koche für Dich“ lautet:
„Das schönste Gefühl für die echte Frau ist, für andere Menschen sorgen zu dürfen. Die Hausfrau setzt diese Empfindung täglich und stündlich unzählige Male in die Tat um. … Der arbeitende Mann, dessen Nerven und Kräfte stärker beansprucht werden, braucht Nährwerte, die sein Nervensystem günstig beeinflussen und die Elastizität fördern. … Es gehörte zu den törichten Unterlassungssünden der Vergangenheit, dass die Frau aus einer zufälligen Missstimmung gegen ihren Mann ihm sein Lieblingsgericht verweigerte. … Eine gute und zuverlässige Frau wird es als eine ihrer Hauptaufgaben betrachten, die Garderobe ihres Mannes richtig instand zu halten.“
Und hier noch mein persönliches Highlight: „Am Frühstückstisch erscheine die Frau frisiert und nett angezogen. Erlaubt es ihre Zeit nicht, für ein gefälliges Äußeres zu sorgen, dann bleibe sie lieber weg. Es ist besser und der guten Laune des Mannes zuträglicher, wenn er nach der Anwesenheit seiner Frau Sehnsucht empfindet, als wenn ihn bei ihrem Anblick ein leichtes Grauen fasst.“ Zum Glück darf ich heute herzlich darüber lachen – und mein Mann lacht mit.
Nichts Neues
Nichts Neues, was ich hier berichte, zeigt es dennoch, dass wir auch erst seit Kurzem auf unserem Weg einer Emanzipation (beider Geschlechter!) sind und wir tatsächlich noch von unseren eigenen Eltern geprägt wurden mit „Das gehört sich nicht für ein Mädchen – sei hübsch! Magst du mit dieser Puppe spielen? Hilfst du deiner Mama auch schön? Du als Mutter machst Kinder und Haushalt.“ und „Jungs sind halt so. Indianer kennen keinen Schmerz. Wehr Dich, das lässt Du Dir nicht gefallen! Du als Mann musst für deine Familie sorgen, indem Du maßgeblich das Geld verdienst.“.
Wer sollen wir noch mal sein?
Jetzt arbeite ich als Coach und kann sagen, dass nahezu alle, eigentlich alle Frauen auf der Suche nach ihrem eigenen Selbstwert sind. Sie sitzen hier und fragen sich, wer sie sie sind, wenn sie sich nicht dadurch bewähren, im Außen zu SORGEN. Für alles und jeden. Für das Ich ist manchmal kaum Energie da – und erst recht kein Bewusstsein. Mit dem schlechten Gefühl, weil sie „nur“ Mutter sind, weil sie „nur“ Karriere machen oder, herrje, womöglich sogar Kinder haben und dennoch Karriere machen möchten.
Und die Männer sind hier und wissen nicht, wie weich sie sein dürfen, wie man „heutzutage führt, wenn nicht mit klarer Ansage“ und wie man dann noch anerkannt und männlich sein kann, wenn sie aus dem Schema, „Guck‘ mal hier, Papa, siehst du mich? Ich kann’s!“ kommen. Mit einem schlechten Gefühl, weil sie als Papa in ihrem Können am Kind immer hintanstehen und die Drumherums sich gleich sorgen machen, wenn Papa arbeitet und mal die Kinder und den Haushalt übernimmt. Alles wird ihnen zugetraut, aber Haushalt und Kinder? Mhmmm…
Beide sollen wir uns also emanzipieren. Ach ja?
Schon kommt nämlich die nächste Generation um die Ecke, die schwört „Ich bleibe erst mal zu Hause und kümmere mich nur ums Kind!“ (die Frau) und „Ich verdiene hier das Geld und meine Frau bleibt zu Hause!“ (der Mann). Ich hätte schon ein passendes Buch für sie …
Sollten wir gleich wieder aufhören, uns zu finden, um gleichberechtigt zu sein? Sollten wir die internen Diskussionen beerdigen rund um Home-Office, Home-Schooling, wer organisiert eigentlich den Alltag der Kinder, wer verdient hier welchen Euro, in welchem Alter darf man eigentlich noch Mutter und Vater werden, warum sind Dellen am Körper nicht einfach nur nicht-der-Rede-wert. (Stellen Sie sich hier eine Aufzählung ohne Ende vor und ergänzen Sie „frei Schnauze“).
In diesem Sinne: eine wirkungsvolle Woche, was auch immer Sie meinen, tun zu müssen,
wünscht – nachdenklich –
Kirsten Hummerich
P.S. Alles auch immer: Eine Frage der Haltung. Ich hätte da was für Sie… www.doaching.de